Sport und Compliance

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Prolog

„Ich möchte singen“
Mit zwei Jahren Verspätung wurden im Jahr A.D. 67 die Olympischen Spiele von Kaiser Nero persönlich eröffnet. Verspätet, weil der Kaiser einfach durch seine Regierungspflichten zu beschäftigt war, sich ganz auf seine Aufgabe als Organisator und vor allem Teilnehmer in allen Disziplinen konzentrieren wollte und verärgert darüber war, das diese Spiele nicht „Neronia“ sondern „Olympia“ heißen sollten.

Mit dem Beginn der Spiele gab es nur einen Sieger, und der hieß Nero. Ob nun in den (damaligen) olympischen Disziplinen, wie „singen, tanzen und schauspielern“ oder in allen sportlichen Disziplinen, ließ sich Nero durch kleine Geschenke oder die Androhung gegenüber den Kampfrichtern, sich in der Arena bei den Löwen wiederzufinden, zum Sieger erklären.

Überliefert ist, dass es bei der damals wichtigsten, bedeutendsten und gleichzeitig populärsten Disziplin der olympischen Spiele, dem Wagenrennen, einen Zwischenfall gab, welchen selbst ein Kaiser wie Nero in der späteren Geschichte nicht verheimlichen konnte. Obwohl Nero mit seinem Wagen bei voller Fahrt und vor über 100.000 Zuschauern durch einen Fahrfehler aus der Arena geschleudert wurde, bezahlte er schnell alle Gegner des Rennens und ließ sich als Sieger erklären.

Ein klarer Fall von Korruption unter den Augen von über 100.000 Zeugen, der aber, wenn auch Jahre später, nicht unbestraft blieb!

Bei seiner Rückkehr in Rom ließ sich Nero mit 1.808 Olivenzweigen feiern, einen für jeden Sieg, den er während der Spiele errungen hatte. Nach seinem Tod forderte sein Nachfolger Galba die Rückzahlung der Schmiergelder in Höhe von ca. einer Million Sesterzen (ca. 1,1 Millionen €) von den Schiedsrichtern der Spiele nach Rom zurück. Aus Verärgerung ließen dafür die Griechen den gesamten Verlauf und die Existenz dieser olympischen Spiele aus allen Geschichtsbüchern entfernen.

Korruption ist kein neues Phänomen im Wettkampfsport

Im ersten dokumentierten Fall der Sportgeschichte bestach der Athlet Eupolos aus Thessalia drei seiner Gegner im Faustkampf-Turnier der Olympischen Spiele von 388 v. Chr. erfolgreich mit hohen Geldsummen, unter ihnen den amtierenden Olympiasieger Phormion aus Halikarnassos. Der nächste dokumentierte Fall datiert von 332 v. Chr., wo sich Kallippos aus Athen bei den 112. Olympischen Spielen den Sieg im Pentathlon kaufte. Bis zum nächsten aktenkundigen Korruptionsskandal dauerte es dann 250 Jahre, als der Ringer Eudelos seinem rhodischen Konkurrenten Philostratos eine Entschädigung dafür zahlte, dass er ihm den Olympiasieg überließ.

Ein weiterer dokumentierter Korruptionsfall der klassischen Olympischen Spiele ist datiert aus dem Jahre 125 n. Chr. und involvierte zwei Boxer. Wenngleich somit lediglich rund ein halbes Dutzend von Korruptionsfällen in einer rund tausendjährigen Geschichte der klassischen Olympischen Spiele dokumentiert ist, dürfte Korruption im zeitgenössischen Sport außerhalb Olympias nach den Überlieferungen des Philostratos ein weit verbreitetes Phänomen gewesen sein.

Compliance im Blickwinkel der Geschichte

Sicherlich sind Termini wie Compliance, Compliance Management oder Chief Compliance Officer, ob nun im Zusammenhang mit dem Sport, der Wirtschaft oder der Verwaltung, Begriffe der letzten 30 Jahre, doch tauchen (interne und externe) Organisationen, welche sich mit der Aufdeckung, der Kontrolle von Verwicklungen und Korruptionsvermutungen beschäftigen, bereits Anfang des 20. Jahrhunderts erstmalig konkret auf.

Im Jahr 1927 wurde zum Beispiel in den USA die Food and Drug Administration (FDA – Behörde für Lebens- und Arzneimittel) gegründet. Ihre Aufgabe ist der Schutz der öffentlichen Gesundheit in den USA. Die FDA kontrolliert die Sicherheit und Wirksamkeit von Arzneimitteln der Human- und Tiermedizin, biologischen Produkten, Medizinprodukten, Lebensmitteln und strahlenemittierenden Geräten. Dies gilt für in den USA hergestellte wie auch für importierte Produkte.

Die Aufgabenbereiche der FDA umfassen Kontrolle, Korruptionsbekämpfung und Compliance sowohl bei den Herstellern als auch bei den Importaktivitäten aus dem asiatischen Raum und bei Kartellabsprachen.

Ende der 70er Jahre wurde der Begriff Compliance konkreter und geläufiger. Im Jahr 1977 wurde der Foreign Corrupt Practices Act (FCPA) als ein Bundesgesetz in den USA verabschiedet, das Zahlungen und Wertgeschenke an ausländische staatliche Amtsträger verbietet, die den Zweck haben, den Zuschlag für ein Geschäft zu bekommen oder eine Geschäftsbeziehung aufrechtzuerhalten. Darüber hinaus verpflichtet das Gesetz alle in den USA börsennotierten Unternehmen dazu, ihre Buchführung so zu konzipieren, dass sie auf die Antikorruptionsregeln des FCPA abgestimmt sind. Hier werden deutliche Vorgehensweisen und Instrumentarien zum heutigen Verständnis der Compliance erkennbar.

Waren es anfänglich nur private Unternehmen, deren Skandale von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen wurden, änderte sich dies Anfang der 80er Jahre schnell und drastisch. Grund war das US-Verteidigungsministerium, welches Mitte der 80er Jahre zum Beispiel

  • Werkzeuge, vor allem Hämmer, zum Einzelpreis von
    US$ 400,00 und
  • Toilettensitze zum Einzelpreis von US$ 600,00

bei speziellen Händlern gleich massenweise einkaufte. Zum Schutz des eigenen Unternehmens und der Hinterfragung bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen schlossen sich mit Aufdeckung dieses Skandals 32 der führenden amerikanischen Unternehmen zur Defence Industry Initiative on Business Ethics and Conduct (DII) zusammen, um gemeinsame Ethik-Richtlinien auszuarbeiten und umzusetzen.

Genauso wie in der Wirtschaft und dem Handel, war der Sport hier immer im Focus der Compliance zur Bekämpfung von Korruption und „Vetternwirtschaft“, wie man an den nachfolgenden Beispielen deutlich aufzeigen kann:

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Quelle: © ZoomTeam / Fotolia.com

 

Dokumentierte Korruptions-(verdachts-)fälle im Sport

Frankreich 1904: Radsport/Tour de France

Obwohl schon seit dem ersten Jahr der Tour 1903 „Teams“ existierten, gab es eine klare Anweisung, die einen „reinen Kampf der Einzelfahrer“ vorschrieb. Lucien Pothier und Bruder César Garin überließen Teamkollegen Maurice Garin den Gesamtsieg und begnügten sich mit Platz zwei und drei. Die Höhe der Vergünstigung ist unbekannt.

Strafe und Gegenmaßnahmen: Viereinhalb Monate nach dem Ende der Tour wurden alle drei Fahrer vom französischen Fahrradbund disqualifiziert und Henri Cornet zum Sieger erklärt.

USA 1919: Major League Baseball

Thomas Burns, ehemaliger Pitcher, und eine weitere Person bestachen erfolgreich acht Spieler der Chicago White Sox mit je 12.500 US-Dollar, damit sie das Spiel um die World Series verlieren. Ziel der Bestechenden war es, durch Sportwetten Gewinn zu machen. 12.500 US-Dollar entsprachen dem bereits damals relativ hohen Jahresgehalt eines Baseball-Spielers.

Strafe und Gegenmaßnahmen: Die acht Spieler wurden vom ersten Kommissar der Major League Baseball lebenslang vom Baseball suspendiert, obwohl alle vor ordentlichen Gerichten von ihren Anklagen freigesprochen wurden. Keiner der Spieler wurde in die Hall of Fame aufgenommen, obwohl dies nach den athletischen Leistungen für mindestens einen der Spieler angemessen gewesen wäre.

Deutschland 1971/1972: Fußball-Bundesliga

52 Spieler und zwei Trainer aus neun Bundesligavereinen erhielten jeweils Beträge zwischen 2.300 und 15.000 DM, insgesamt rd. 500.000 DM. Ziel war die Manipulation des Auf- bzw. Abstiegskampfes.

Strafe und Gegenmaßnahmen: Geldstrafen sowie zunächst lebenslanger Lizenzentzug für 52 Spieler und zwei Trainer. Später in zeitlich begrenzte Sperren von durchschnittlich zwei Jahren innerhalb Deutschlands (nicht jedoch für das Ausland) umgewandelt, um zivilen Gerichtsentscheid zu vermeiden. Beteiligte konnten nicht an der Fußball-WM 1974 in Deutschland teilnehmen.

Korea/Olympische Spiele 1988: Boxen

Kampfrichter erhalten Bestechungsgelder, damit Koreaner als Sieger hervorgehen. Hauptbetroffener: Supermittelgewichtsboxer Roy Jones, der hinter dem Koreaner Park Si-Hun „nur“ Silber gewann.

Strafe und Gegenmaßnahmen: Neues computergestütztes Punktesystem, wobei fünf Ringrichter eine Tastatur verwenden, um Treffer zu registrieren. Ein Ringrichter wurde lebenslänglich gesperrt (erst 1996!). Roy Jones wurde die Goldmedaille allerdings nicht zuerkannt.

Kroatien 1994: Badel Zagreb/Handball

Badel Zagreb soll ZSKA Moskau (erfolglos) für eine hinreichend hohe Niederlage im Handball-Achtelfinal-Rückspiel des Europa-Cups „100.000 Mark“ angeboten haben. Daraufhin soll Badel Zagreb das rumänische Schiedsrichtergespann Dancescu/Mateescu bestochen haben. Badel Zagreb gewann und zog eine Runde weiter.

Strafe und Gegenmaßnahmen: Keine! Von diesem Spiel gab es keine Aufzeichnung, weil Fernsehanstalten bewusst ausgeschlossen gewesen sein sollen und man ZSKA Moskau die Videokamera zerstört habe. Die Europäische Handball-Föderation (EHF) hat in diesen Vorfall nicht eingegriffen.

USA und andere ca. 1994/95 (Vorfeld der Entscheidung über die Olympischen Winterspiele 2002): IOC

Die Führung des Bewerbungskomitees von Salt Lake City um den Vorsitzenden Tom Welch und seinen Stellvertreter Dave Johnson soll bei den (erfolgreichen) Bemühungen um die Winterspiele 2002 Mitglieder des IOC u. a. mit Reisen, Immobiliengeschäften, Operationen und Barzahlungen und sonstigen Vorteilsgewährungen wie Aufenthaltsgenehmigungen und Universitätsstipendien für Angehörige in Höhe von rund 1,2 Mill. US-Dollar beeinflusst haben.

Strafe und Gegenmaßnahmen: Sechs IOC-Mitglieder wurden ausgeschlossen, vier traten zurück. Zehn weitere erhielten Verwarnungen.

China 2000/2001: Fußball

FIFA-Schiedsrichter J. Gong hat in den Jahren 2000 und 2001 insgesamt 50.000 Euro von Buchmachern erhalten, damit er Spiele in der chinesischen Liga manipuliere.

Strafe und Gegenmaßnahmen: Schiedsrichter J. Gong wurde wegen Bestechlichkeit zu zehn Jahren Gefängnis verurteilt.

Betrachtet man diese oben genannten Fälle und Vergehen und vergleicht sie mit Compliancevergehen in der Verwaltung oder der Wirtschaft, so zeigt sich deutlich, dass sich die Anforderungen an Compliance Management im Sport hier deutlich von unternehmerischen Complianceanforderungen unterscheiden.

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Quelle: © mipan / Fotolia.com

 

Das übergeordnete Ziel im „sportlichen Compliance“ heißt Werteorientierung

Die größte Herausforderung, oder wie es nun im sogenannten Neudeutsch gerne heißt, die größte Challenge besteht darin, Compliance als Grundstein für eine gelebte und verinnerlichte Werteorientierung im (Sport-) Unternehmen bzw. im Verein oder Verband zu installieren und somit Eigenverantwortung herauszuheben und zu stärken, nicht aber sich in bürokratischen Vorgaben zu verlieren. Hier sind Einschüchterung und Angst eine schlechte Option, es ist immer produktiver und Erfolg versprechender, die positiven Aspekte und Synergien von Regeltreue und Konformität herauszustellen, anstelle vorrangig auf Abschreckung und Bestrafung zu setzen.

Fairness definiert sich immer als der zentrale Wert im Sport. Compliance setzt daher eigentlich nur um, was bereits kommuniziert wird. Insofern sollte es leichter als in der Wirtschaft möglich sein, einen Großteil der Sportlerinnen und Sportler dazu anzuhalten und zu motivieren, im Rückblick auf viele (Compliance-) Verstöße am Umdenken und dem Kulturwandel aktiv mitzuarbeiten.

Eine mögliche Vision für die unternehmerische Zukunft könnte sein, dass sich eines Tages Firmen in ihrem täglichen Handeln, sei es national oder global, von diesem positiven Umdenken im Sport durch ein erfolgreich umgesetztes Compliance nachhaltig beeinflussen lassen. Sicher ist dies in vielen Unternehmen heute noch Fiktion, doch können in der nahen Zukunft sogar Unternehmen vom Sport lernen, wertorientiert Compliance in ihrem Handeln mit Unternehmen, Lieferanten und Geschäftspartnern erfolgreich umzusetzen.

Betrachtet man den Sportsektor näher, so ergeben sich natürlich neben spezifischen Thematiken wie Doping einige Besonderheiten im Segment Compliance Management, die für eine erfolgreiche Integration und Umsetzung berücksichtigt werden müssen.

Risiko: Ehrenamt

Die ehrenamtliche Führung im Sport – bis hinauf zu internationalen Verbänden, auch wenn manche von ihnen inzwischen beträchtliche Aufwandsentschädigungen zahlen – macht es notwendig, bei der Einführung von zusätzlichen Maßnahmen, z.B. Schulungen, die zeitliche Belastung im Blick zu haben. Anders als bei Angestellten kann nicht einfach von oben etwas verordnet werden, es ist noch mehr Überzeugungsarbeit nötig. Good Governance sollte daher so weit wie möglich in den normalen Ablauf, z.B. Übungsleiter-Aus- und Fortbildung, integriert werden. Dabei ist zu beachten, dass Ehrenamtliche nicht nur zusätzlich belastet sind, sondern ihr Engagement zudem unzureichend gewürdigt wird. So lehnten Teile des Sports die Vorlage von Führungszeugnissen für in der Jugendarbeit Tätige zur Verringerung des Risikos von Sexualdelikten ab, weil sie dies für Misstrauen und eine unzumutbare Belastung des Ehrenamts hielten.

Risiko: Vereins- und Verbandsstruktur

Während Unternehmen Compliance von der Spitze her einführen und die Beschäftigten entsprechend verpflichten, verlangt der demokratische Aufbau von Vereinen und Verbänden das Einverständnis der Mitglieder. Die Prozesse können daher länger dauern oder auch von Machtkämpfen beeinflusst werden. Auf internationaler Ebene spielen unterschiedliche politische und kulturelle Gegebenheiten eine Rolle. Dies zeigte sich z.B. im Reformprozess des Welt-Fußball-Verbandes FIFA, der nach den Korruptionsvorfällen rund um die Vergabe des FIFA World Cup 2018 und 2022 im Dezember 2010 und bei den Wahlen im Juni 2011 eingeleitet wurde. Die Ergebnisse der Veränderungen in Richtung der FIFA sind bekannt und müssen hier nicht extra aufgeführt werden. Einzig, die Hoffnung auf eine wirklich einschneidende Veränderung, sei es personell oder sachlich, stirbt zuletzt.

Risiko: Hospitality

Lange Zeit wurden VIP-Einladungen zu Sportevents locker gehandhabt. Manche Bundesliga-Manager hatten immer ein paar Tickets dabei, die sie großzügig bei passender Gelegenheit weitergaben. So erhält man sich Freundschaften – und manche Vorteile für den Verein. Mit dem Aufkommen von Compliance hat sich der Wind gedreht, insbesondere große Wirtschaftsunternehmen begannen, Einladungen restriktiv zu handhaben. Manchmal wurde (und wird) dabei das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. So wichtig es ist, Auswüchsen einen Riegel vorzuschieben – der Austausch ist ein unverzichtbarer Bestandteil der wirtschaftlichen Entwicklung und des sozialen Lebens in einer Gesellschaft. DFL und DFB haben dazu bereits 2011 einen Leitfaden entwickelt, der wichtige Hilfestellungen gibt.

Risiko: Sponsoren

Einen wesentlichen Einfluss auf die Entwicklungen im Sport haben die Sponsoren. Solange die Gelder fließen, auch wenn ethische Gesichtspunkte außer Acht gelassen, z.B. Doping und Spielmanipulationen nur unzureichend bekämpft, werden, gibt es keinen Änderungsdruck. Nachdem zuletzt immer deutlicher wurde, dass der angestrebte Sponsoringerfolg, insbesondere ein positiver Imagetransfer, durch Missstände im Sport gefährdet wird, fangen Sponsoren und Sportausrüster an zu reagieren.

Dies gilt in besonderem Maße für Sportartikelhersteller, die unter dem Druck der Öffentlichkeit und gelebter Transparenz dafür Sorge tragen, gerade auch aus Imagegründen nicht in Verdacht zu geraten, Compliance Richtlinien zu ignorieren oder zu übertreten.

Während im Oktober 2013 zum Beispiel Puma die Zusammenarbeit mit dem Fußballverband Südafrikas wegen des unzureichenden Umgangs mit Spielmanipulationen beendete, bestätigte Adidas gerade die Zusammenarbeit mit dem DFB für eine jährliche Zahlung von gesamt 50 Millionen Euro für die Jahre 2016 bis 2020. Die frühe Transparenz und Offenlegung zeigt, wie sehr es sich Unternehmen, wie in diesem Fall Sportartikelhersteller, im Bereich Sport nicht mehr wie noch vor Jahren erlauben können, hinter „Tür und Angel“ ihre Geschäfte abzuschließen.

Compliance und Sport – Praxisbeispiel Doping

Am Beispiel der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA – World Anti-Doping Agency) soll nun abschließend kurz dargestellt werden, wie sich Compliance und die sich dadurch definierten Richtlinien auf den Sport, in diesem Fall auf den Bereich Doping, auswirken.

Die WADA ist eine internationale und staatenunabhängige Organisation mit Sitz in Montreal, die weltweit Maßnahmen gegen Doping im Leistungssport organisiert. Die WADA wurde 1999 als Ergebnis einer vom IOC initiierten Welt-Anti-Doping-Konferenz mit dem Ziel gegründet, die Anti-Doping-Programme auf internationaler und nationaler Ebene in Hinsicht auf die Entdeckung, Abschreckung und Verhinderung von Doping zu harmonisieren und zu koordinieren. Die WADA sorgt für die Kontrolle der Sportler während der Trainingsphasen und während der Wettkämpfe. Dazu dienen angemeldete ebenso wie überraschend angesetzte Besuche an den Trainingsorten oder zu Hause bei den Athleten.

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Quelle: © Photo Feats/ Fotolia.com

Untersuchungsmethoden sind Urintests, Bluttests und andere medizinisch angezeigte Maßnahmen. In insgesamt 34 autorisierten WADA-Labors werden die doppelt erhobenen Proben (A- und B-Probe) auf verbotene Substanzen oder Methoden (zum Beispiel Blutdoping) untersucht. Grundlage dieser Bestrebungen ist der WADA-Code und die jährlich aktualisierte Verbotsliste (Prohibited List). Diese Verbots- oder Dopingliste enthält Stoffe, Stoffgruppen und Methoden, die zur Leistungssteigerung beitragen können und deren Einnahme bzw. Verwendung bei sportlichen Wettkämpfen oder zu Trainingszwecken untersagt sind. Zum momentanen Zeitpunkt haben 182 Länder die im WADA-Code definierten Richtlinien im Bereich Compliance offiziell unterzeichnet.

Für die Umsetzung und Kontrolle in Deutschland im Bereich Doping und Compliance ist die Nationale Anti Doping Agentur (NADA) mit dem Anti-Doping-Regelwerk, dem Nationale Anti-Doping Code (NADC) 2015, verantwortlich. Die Aufgaben der NADA umfassen Dopingkontrollen, Dopingprävention, medizinische und juristische Beratung sowie internationale Zusammenarbeit und alle sich ergebenden Compliancefragen.

Da der NADA-Code auf dem „Welt Anti-Doping Code“ und den für die Praxis relevanten „International Standards“ der WADA basiert, werden die von der WADA als zwingend vorgegebenen Regularien (z.B. Art 2 Verstöße gegen Anti-Doping-Bestimmungen) sowohl von der NADA als auch von den deutschen Sportverbänden unverändert übernommen und konform zu diesen Code umgesetzt.

Für das Jahr 2015 bedeutet dies in Deutschland insgesamt 12.425 Kontrollen im Bereich Doping

  • davon 7.835 Kontrollen beim Training
  • davon 4.590 Kontrollen bei Wettkämpfen

in den nachfolgenden Sportarten (Top 5 nach Kontrollenfrequenz):

  • Leichtathletik = 2.454 Kontrollen mit 12 nachgewiesenen Vergehen
  • Fußball = 1.147 Kontrollen mit 3 nachgewiesenen Vergehen
  • Radsport = 1.058 Kontrollen mit 5 nachgewiesenen Vergehen
  • Kanusport = 951 Kontrollen mit 1 nachgewiesenen Vergehen
  • Triathlon = 876 Kontrollen mit 3 nachgewiesenen Vergehen

Neben diesen Vergehen innerhalb der Top 5 nach Sportarten liegen die Hauptvergehen im Bereich Doping in den Verbänden Ringen mit jeweils 6 Vergehen, Boxen, Kraftdreikampf (Kniebeugen, Bankdrücken und Kreuzheben) mit je 9 Dopingfällen sowie Behindertensport mit 10 Vergehen bezogen auf das Jahr 2015.

Aber auch andere klassische Compliance Instrumentarien, wie Whistleblower oder anonyme Internetplattformen, werden in Deutschland durch die Nationale Anti Doping Agentur angeboten und sind Teile der Prävention im Breiten- und Profisport.

Ein Anfang im Compliance, aber kein Ende im Sport

Betrachtet man alleine kurz zurückliegende Vorkommnisse wie die Suspendierung des Russischen Leichtathletikverbandes wegen Doping, so wird das Thema Sport und Compliance im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Brasilien (Doping / Korruption) oder die beiden kommenden Fußballweltmeisterschaften (Korruption) noch deutlicher als schon jetzt in den Focus treten.

Sechs Wochen vor Beginn der Olympischen Spiele hat die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) das Anti-Doping-Labor in Rio de Janeiro geschlossen. Damit darf das für die Olympischen Spiele vorgesehene Labor in der brasilianischen Metropole unter anderem keine Blut- und Urinproben mehr analysieren. Dopinguntersuchungen, die eigentlich im Labor von Rio durchgeführt werden sollten, werden bis auf weiteres von anderen Einrichtungen mit WADA-Akkreditierung weltweit durchgeführt.

Fernlehrgänge Compliance Management

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Der Compliance Sommercampus 2016 richtet sich an bereits tätige oder zukünftige Compliance-Beauftragte, Mitarbeiter aus den Bereichen Finanzbuchhaltung, Controlling, Einkauf, Vertrieb, Geschäftsführer, Mitglieder der Geschäftsführung und des Aufsichtsrats, Geldwäsche- und Antikorruptionsbeauftragte sowie an Rechtsanwälte und Wirtschaftsprüfer.

Während des Compliance Sommercampus 2016 wird das Deutsche Institut zur Zertifizierung im Rechnungswesen (DIZR) e.V. exklusiv nur für diese Teilnehmer eine Zwischenzertifizierung durchführen, auf die der WIRTSCHAFTSscampus individuell und praxisnah in einer gezielten Präsenzphase vorbereiten wird. Die abschließende Zertifizierung zum Certified Chief Compliance Officer wird bundesweit, zum Beispiel in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt, Leipzig oder München sowie für Teilnehmer aus der Schweiz in Zürich bzw. für Teilnehmer aus Österreich in Wien angeboten.

Ausführliche Informationen zum Compliance Sommercampus 2016 finden Sie hier:

Lehrgänge zum Compliance Officer beim WIRTSCHAFTScampus

Quellenangaben:

„Knowledge of good and evil: A brief history of compliance“, The Finance Professionals Post, 2010
„Ancient Olympia was as corrupt as FIFA“, OZY.com, Ulli Kulke, 2015
„Korruption im internationalen Sport: Ökonomische Analyse und Lösungsansätze“, Wolfgang Maennig – Vierteljahrshefte zur Wirtschaftsforschung, 2004
„Compliance im Sport“, Transparency International, Sylvia Schenk, 2014
„Alles geben, Nichts nehmen“, Jahresbericht Stiftung Nationale Anti Doping Agentur Deutschland (NADA), 2016